O/Modernt heißt unmodern – und das ist natürlich ein bisschen ironisch gemeint, denn moderner kann man eigentlich überhaupt gar kein Konzert konzipieren. (…) Hildegard von Bingen mit Tango und viel südamerikanischen Rhythmen – und das kann ja so daneben gehen (…) Aber es war ganz toll gemacht! (...)
Ich bin beglückt aus dem Konzert gekommen. Das ist die Zukunft, (...) dass man solche originellen Programme strickt. Und wenn sie inhaltlich und vom Gefühl, von der Intensität (...) so sind, dass (...) sie immer ein Gefühl hervorrufen, ohne Billigkeit oder Schmalz, sondern so ernsthaft und so gut gemacht: Das ist wirklich ein Ansporn, (…) auch an die etablierten Orchester, viel mehr zu wagen!
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Ticciatis langer Körper strebt auf Zehenspitzen himmelwärts, sein Orchester mit sich nehmend, und seine Stimme ist so sanft, dass man ihm die Extreme dieses Abend kaum glauben mag. Denn über die „Summer Dreams“ des lettischen Komponisten Arturs Maskats, der Gedichte von Emily Dickinson mit flirrenden, entfernt an Alban Berg erinnernden Klangkaskaden umgibt, arbeitet sich dieser Abend ins heiße Herz des Tangos vor.
Unmodern wollen sie ihrem Namen nach schon sein, die Musiker des Kammerorchesters "O/Modernt" mit dessen künstlerischem Leiter Hugo Ticciati an der Spitze. Und doch schlagen sie die Brücke zwischen klassischer und zeitgenössischer Musik in geradezu atemberaubender Weise, die kaum Raum für ein Durchatmen lässt. Schlag auf Schlag ging es, mit vielen überraschenden Wendungen und ständigen, oft raffiniert eingeleiteten Wechseln in Tempo, Rhythmik und Dynamik, die belebend wirkten und einen interessanten Spannungsbogen zeichneten. Es war in diesem Sinne ein kleines Feuerwerk, das das Ensemble da am Sonntagabend im Kreuzganggarten abgebrannt hat.
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While extreme devotion to mindfulness might not be for everyone, this release from O/Modernt deserves 55 minutes and 22 seconds of your time. There are so many good things about ‘From the Ground Up: The Chaconne’ that I worry this review will read like a shopping list for loveliness. First, there are the delightful little chaconnes scattered throughout the album. Ticciati surrounds himself with instrumentalists so at one with the chaconne repertoire, musicians who bring the genre’s inherent sexiness and sway to every note.
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Gott, war das schön. Der Auftritt dieses Ensembles aus Stockholm, in dem junge Musiker aus ganz Europa spielen, als gäbe es kein Gestern und kein Morgen, sondern nur ein ewiges Jetzt, war eine Offenbarung. Sie schlugen am Sonnabend in der Dresdner Frauenkirche den Bogen von Purcell und Bach zu Britten und Pärt, vom Barock zur sogenannten Moderne, doch was sagt das schon?
[...] Der britische Geiger Hugo Ticciati, der 39 ist, aber aussieht wie Harry Potter nach der letzten Prüfung, bezaubert seit Jahren die Musikszene seiner schwedischen Wahlheimat. Er hat dort ein Festival begründet, das mit "O/Modernt" einen freilich nicht nur für deutsche Augen sperrigen Namen trägt. Der ging über auf sein Kammerorchester, mit dem er derzeit durch Europa tourt.
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Das schwedische Streicherensemble unter Leitung von Hugo Ticciati fesselt vom ersten Takt an. Was für eine zarte Homogenität im Spiel und wie viele Farben darunter. Arvo Pärts „Silouan’s Song“ schwingt sich mit hypnotischer Kraft empor, bevor plötzlich ein Sarod-Spieler auftaucht und einen näselnden Einwurf vor dem Violinkonzert von Peteris Vasks hinterlässt. Das „Fernes Licht“ benannte Werk gibt Ticciati Gelegenheit, seiner Harry-Potter-Erscheinung dämonische Aspekte hinzuzufügen: Er ist ein zu allem bereiter Solist, der seine Streicherkollegen mit einer Lust an Differenzierung ansteckt, die Vasks’ irrlichternde Musik zu einem Lichtblick werden lässt.
Es war ein erfrischender Sturmwind, der durch das Konzerthaus fegte. Erfrischend deshalb, weil man selten Musiker erlebt, die so temperamentvoll und vital spielen, wie jene des „O/Modernt Kammerchorester Schweden“. Die 14 extrem jungen Musiker spielten stehend und vom ersten Ton an mit einer ansteckenden Lebendigkeit, die das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss.
Die Sorge, das Ensemble könnte Vivaldis Musik, die sich mit Stücken der Bands abwechselt, gegen den Strich bürsten, ist unberechtigt: dass die Solopartien im Doppelkonzert für zwei Celli mit Fagott und Kontrabass besetzt sind, dass der Continuopart vom Harmonium übernommen wird und dass die Streicher im Winter-Konzert aus den Jahreszeiten besonders „eisig“ am Steg spielen, genügt schon fast als angleichende Verfremdung. Zum Ereignis wird der Abend vor allem durch die bereits arrivierten Ausnahmesolisten. Zu ihnen gehören neben Ticciati der Fagottist Bram van Sambeek, der ein sangliches messa di voce bei Vivaldi ebenso stilsicher und virtuos hinlegt wie er bei Metallicas „Pulling Teeth“ mit akustischen wie elektronischen Verzerrungseffekten begeistert.
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Bereits nach diesen ersten paar Minuten haben die Musiker das Admiralspalast-Publikum auf ihrer Seite. Doch damit nicht genug: Hugo Ticciati, Sologeiger und Leiter der jungen Ensembles, dreht spektakulär in Richtung Klassische Moderne. Brittens Variationen über ein Thema seines Kompositionslehrers Frank Bridge lässt er mit so intensiver Falmme lodern, dass sich das Publikum zu Szenen-Applaus hinreißen lässt.